Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 64.1929

DOI Artikel:
Straus-Ernst, Luise: Raum und Wandbild - Köln 1929
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9254#0205

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RAUM UND WANDBILD • KÖLN 1929

Die Frage der Wandgestaltung im neuen
Wohnraum ist noch lange nicht gelöst.
War die mit Rahmenbildern behängte Wand
unter Umständen geeignet, den Raumrhythmus
zu stören, so bietet doch der Verzicht auf jeden
Bildschmuck, die kahle Wand auch nur einen
wenig erfreulichen, von der Verlegenheit dik-
tierten Ausweg. Versuche auf diesem Gebiet,
Hinweise auf Möglichkeiten, die zur Diskussion
gestellt werden, sind dankbar zu begrüßen.
Einen solchen Versuch stellte eine Ausstellung
des Kölnischen Kunstvereins dar, die unter dem
Namen „Raum und Wandbild" stattfand.
Der Kölner Architekt Hans Heinz Lütlgen hatte
eine Anzahl Räume eingebaut, die von verschie-
denen Künstlern ausgemalt wurden. Lüttgens
Räume sind nicht unverrückbar fest gefügt;
eben diese lockere Beziehung gibt den Möbeln
etwas von der Selbstverständlichkeit, die neuen
Innenräumen so oft fehlt. Die Bemalung der
Wand ist nun in verschiedener Form gelöst
worden. Die bildmäßig abgeteilte Komposition
herrschte vor bei dem von Richard Seewald
mit Tierbildern geschmückten Speisezimmer und
dem ganz in abstrakten, stark rhythmisierten
Flächen gehaltenen Arbeitsraum von Franz
Seiwert. Mehr Hinneigung zur ornamentalen

Durchgestaltung einer Gesamtfläche fand sich
bei dem Empfangsraum von Fritz Kronenberg
und lebendiger noch bei der Bibliothek von Heinz
Hoerle. Die stärkste Synthese in diesem Sinne
stellte wohl der Wohnraum dar, in dem Jankel
Adler eine klare und großzügige Figurenkom-
position geschaffen hatte und das Kinderzimmer;
hier hatte Martha Hegemann, künstlerische und
kindliche Ansprüche gleichermaßen erfüllend,
die Wände mit einem fröhlichen Spiel von Kin-
dern, flatternden Vögeln, Blumen, Schiffchen
und Sternen überzogen, das dem ganzen Raum
lichte Heiterkeit verlieh ... Alle Künstler hatten
ihre Aufgabe in erster Linie darin gesehen, sich
dem Gesamtgedanken des vom Architekten ge-
gebenen Raumes anzupassen und im Rahmen
dieser Forderungen ihr Bestes zu bieten. Wir
bemerken heute allenthalben Ansätze dazu, die
Einheit der Künste wiederzugewinnen. Es sieht
so aus, als seien die Künste im Begriff, allmäh-
lich wieder zu jener Einheit und Selbstverständ-
lichkeit zusammenzuwachsen, die ihnen seit dem
Mittelalter verlorengegangen war; Beispiele aus
der großen Architektur lassen so etwas ahnen.
Vielleicht ist auch mit der Kölner Ausstellung
ein wichtiger Schritt auf diesem Weg getan
worden............dr. luise straus-ernst.

XXXII. Juni 1923. 7
 
Annotationen